Stress bei Hunden – Und wie er vermieden werden kann

Jeder Hundebesitzer wünscht sich den perfekten Hund. Fröhlich, aber brav, lebendig, aber anhänglich, verträglich mit anderen Hunden und Kindern und gehorsam auf Zuruf. Ohne Wenn und Aber.

Vielleicht werden solche Musterhunde ja tatsächlich irgendwann von einer Künstlichen Intelligenz gezüchtet. Bis dahin sieht die Realität anders aus.

Hunde sind Überraschungspakete. 

Wenn der schläfrigste Mops angesichts fremder Hunde plötzlich in die Leine rennt, wenn ein junger freundlicher Schäferhund plötzlich Artgenossen anpöpelt, wenn ein sonst unkomplizierter Mischling uns die Leine aus der Hand reißt und einem überholendem Jogger in den Allerwertesten zwickt, ist das für so manche Hundetrainer dennoch nicht „plötzlich“.

Hunde entwickeln und sozialisieren sich wie wir Menschen. Um das Verhalten unserer Hunde zu verändern, müssen wir zwingend unsere Hunde verstehen. „Warum macht er das?“ Oder sind wir vielleicht selbst der Grund? Stressen wir unsere Hunde?

Lernen wir unseren Rüpel mal näher kennen.

Herkunft

Die Vorgeschichte unseres Hundes spielt eine wesentliche Rolle für seine Entwicklung. Welches Umfeld, welche Erfahrungen haben ihn geprägt?

Ein Hund vom Züchter ist leicht zu durchschauen, wir fragen einfach nach. Vorausgesetzt, der Züchter ist seriös, bekommen wir hier nicht nur Informationen, sondern auch Hilfestellung. Wir können ihn auch besuchen und Ausschau nach möglichen Stressfaktoren halten. 

Ein billiger Welpe aus illegaler Zucht ist eine „Ticking Timebomb“. Die Mutterhunde werden als Gebärmaschinen gehalten, werfen unter katastrophalen Umständen und geben diesen Stress direkt an ihre Welpen weiter. Diese kleinen Hundekindchen werden schon nach wenigen Wochen viel zu früh von der Mutter getrennt und über dubiose Wege an verantwortungslose Möchtegernhundebesitzer verkauft. Der Laden läuft gut. Mutter und Kinder sind die Deppen.

Wie sich so ein kleines Wesen entwickelt, das bereits bei der Geburt misshandelt wurde, wissen die Götter.

Einen Hund aus dem Tierheim einzuschätzen, steht und fällt mit den Mitarbeitern. Sehr oft wissen sie, woher der Hund kommt. Sind Herrchen oder Frauchen gestorben? Ist es ein Scheidungshund? Ein Umzugshund? Musste der Hund wegen eines Babys oder einer Allergie aus der Familie? Wie war das Verhalten des Hundes in der Familie vor der Abgabe?

Natürlich gibt es auch Tiere, die aufgegriffen wurden – in der Ferienzeit beispielsweise angebunden auf der Autobahn – und von denen man überhaupt nichts weiß. Allerdings werden solche Hunde von guten Tierheimen nur an hundeerfahrene Menschen abgegeben.

Informationen über Hunde aus dem Auslandstierschutz sind kaum zu bekommen. In den meisten Fällen wurden diese Tiere einfach ausgesetzt. Viele sind teure Jagdhunde, die nach dem ersten Schuss in der Jagdsaison zu Tode erschrocken das Weite suchen. Dann sind sie wertlos und niemand sucht sie. Wenn sie dann aufgegriffen werden, haben sie keine Krallen mehr, weil sie große Strecken gelaufen sind. Und sie sind nur noch Haut und Knochen.

Die Tierheime in den südlichen Ländern sind restlos überfüllt, die Mitarbeiter geben alles, um die Hunde zu versorgen und zu vermitteln. Nach unserer Erfahrung sind diese Tiere dankbar, wenn sie in ihrer neuen Familie angekommen sind und eher zurückhaltend und ängstlich. Wenn auch nur ein Blatt vom Baum fällt, nehmen sie die Beine in die Pfoten und rennen nach Hause.

Aber sicher ist das alles natürlich nicht. Es gibt keinen Grund, sich gegen einen Hund aus dem Auslandstierschutz zu entscheiden, wir müssen uns nur dessen bewusst sein, dass wir nie etwas über sein Vorleben erfahren werden.

Alter des Hundes

Wie alt ist Euer Hund? Spielen vielleicht die Hormone verrückt? Muss er sich als Junghund beweisen? Würde ihm eine Kastration Linderung verschaffen?

Rasse

Die Genetik Eures Hundes gibt oft Aufschluss über sein Verhalten. Der Mensch hat in diversen Züchtungen spezielle Eigenschaften herausgearbeitet, die wir nicht unterschätzen sollten. So ist der Hütehund den ganzen Tag damit beschäftigt, seine Herde (Familie) zusammenzuhalten und vor Gefahren zu beschützen, dem Jagdhund entgeht kein fliehendes Wild und er wird gnadenlos jedes Tier jagen, das irgendwo rumrennt, selbst wenn es die Nachbarskatze oder das Kaninchen des Töchterchens ist. 

Ein starrköpfiger Terrier regt sich wegen jedem Kinkerlitzchen auf und beharrt auf seinen Willen, während der Schäferhund ob seiner feinen Nase hervorragend als Spürhund geeignet ist und seinen Job liebt. Nach getaner Arbeit freut er sich über die Zeit mit seinem Menschen. Wir könnten diese Liste endlos fortsetzen. 

Macht Euch mal schlau, was eigentlich in Eurem Hund steckt. Vielleicht bietet sich ja eine andere Art der Beschäftigung an, als einfach nur Gassi zu gehen.

Stressfaktoren für unsere Hunde

Die wenigsten Hunde haben das Glück, im Wald oder am Feldrand zu wohnen. Die Dichte von Menschen und deren Hunde in Wohngebieten steigt ständig. Corona hat diesem Trend noch einmal kräftig Auftrieb gegeben: Die Menschen durften abends nicht mehr aus dem Haus, es sei denn, der Hund muss raus. Also haben sich viele Menschen Hunde zugelegt. Ganz toll. Einige sind nach den Ausgangssperren dann doch wieder im Tierheim gelandet. Die Hunde, nicht die Menschen. Leider, möchte man sagen.

Wie auch immer, durch die Dichte von Hunden hat das einzelne Individuum kaum noch Chancen auf ein eigenes Territorium. Ein Rüde kann markieren, wie er will, immer kommt ein Kumpel und pieselt darüber. Das stresst einen Hund immens.

Hunde sind in der Regel sehr lärmempfindlich. In einem Wohngebiet sind Straßenlärm, schreiende Kinder und laut streitende Menschen allerdings nicht zu umgehen. So tut selbst der tägliche Gang zur Hundewiese unseren Hunden in den Ohren weh. Dann kommt da noch ein Radler von hinten, ein Jogger von vorne und unser Hund möchte eigentlich lieber wieder nach Hause. 

„Schau mal Maxi, so ein hübscher Hund. Den darfst Du sicher streicheln.“ Diese Worte einer Mutter zu ihrem Kind könnten die Katastrophe perfekt machen. Wenn wir nicht mit einem deutlichen „Nein“ einschreiten.

Der Hund ist nicht schuld, niemals.

Euer Hund benimmt sich daneben, entspricht nicht Euren Erwartungen? Jetzt kommt Ihr ins Spiel und solltet einen Blick in den Spiegel wagen. 

Warum habt Ihr diesen Hund?

Die üblichen Antworten sind:

  • Mit einem Hund bewege ich mich mehr.
  • Ich bin nach dem Tod meines Partners sonst alleine.
  • Ich bin jetzt Rentner, ich brauche eine Aufgabe.
  • Ich brauche einen treuen Freund.
  • Ich fühle mich beschützt.
  • Meine Kinder sollen mit einem Tier aufwachsen und Verantwortung lernen.

Alle Antworten sind legitim und wir bewerten sie nicht. Aber immer steht das Ego des Hundebesitzers im Vordergrund. Wollen wir mal neben uns treten und das Wesen eines Hundes genauer betrachten? 

Die Verantwortung für einen Hund besteht nicht nur im täglichen Gassigehen, Füttern und der gesundheitlichen Versorgung. Auch das Seelenleben unseres Freundes gehört in unseren Fokus. Täglich.

Hunde sind Rudeltiere.

In jedem Hunde- oder Wolfsrudel gibt es einen Chef. Er gibt die Route vor, warnt vor Gefahren, bestimmt Zeit, Ort und Raum eines Aufenthaltes und seine Schützlinge folgen ihm blind. Sie fühlen sich sicher und beschützt.

Für Euren Hund seid Ihr der Chef.

Ihr seid die Bestimmer. Immer. Das hat nichts mit permanenter Maßregelung zu tun. Ohne Euch als Führung dreht Euer Hund den Spieß nämlich um: Jetzt hat er die Verantwortung. Jetzt muss er Situationen selbst bewerten und Entscheidungen treffen, um Euch zu beschützen. 

Ohne Eure Führung bekommt der Hund Stress, wird orientierungslos und zappelig, ihm fehlt der „Rahmen“. Zu viel Freiheit überfordert Hunde und stresst sie. Andere Hunde, andere Menschen, Jogger, Radfahrer, Kinder oder Katzen, überall droht Gefahr. Instinktiv wird Euer Hund Euch beschützen.

Macht mal den Test:

Dreht Euer Hund ab, rennt er in die Leine, wenn Euch ein anderes Mensch-Hund-Team begegnet, bleibt ruhig, macht Euch groß und stellt Euch vor Euren „Rüpel“. Zeigt ihm, dass Ihr die Verantwortung übernehmt. Viele Hundebesitzer sind bereit, eine solche Situation zu wiederholen. Ihr könnt das andere Team ja schon aus größerer Entfernung sehen. Nehmt den Hund zu Euch, macht Euch groß und geht ganz ruhig an diesem anderen Team vorbei.

Auch wenn das vielleicht nicht von Null auf Hundert klappt, Ihr werdet eine Veränderung an Eurem Hund feststellen: Mein Chef ist wieder da. Der macht das für mich.

Körpersprache und sichere Ausstrahlung sind das A und O in kniffligen Situationen. Stress und Hektik übertragen sich. Von uns auf den Hund und umgekehrt. Nur wenn uns dieser Mechanismus bewusst ist, können wir gegensteuern und Grenzen setzen. Natürlich müssen wir das trainieren. 

Wir empfehlen Kurse in Hundeschulen oder Vereinen mit guten Trainern. Ohne die Zeit mit anderen Hunden wird Euer Freund vermutlich auf Euch fixiert, aber nicht artgerecht sozialisiert. Wird er ständig von Artgenossen ferngehalten, weil er rumpöpelt, wird er nicht hundesozial. Wird er ständig aus Stresssituationen herausgenommen, lernt er den Umgang mit Stress nie. Und er wird auch Euch permanent stressen.

Ihr braucht Hilfe beim Umgang mit Eurem Hund? Schildert mir gerne Euer Problem, ich kann Euch gute Hundetrainer oder Hundevereine in Eurer Nähe empfehlen. 

Liebe Grüße,

Bettina.

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