Das Cauda equina Syndrom

Der Körper, das ausgeklügelte logistische Werk eines Genies – Ohne unsere Nerven geht gar nichts.

Kennen Sie das? Plötzlich sind Strom oder Internet weg? Selbst ein verstopfter Abfluss kann unser Leben unangenehm beeinträchtigen. In diesen Situationen erst wird uns die Selbstverständlichkeit unserer perfekt funktionierenden Welt bewusst. 

Auch wir selbst werden von einem exakt geplanten System gesteuert. Jede Faser, jedes Organ und jeder Knochen hat seine ganz spezifische Aufgabe und ist ohne den reibungslosen Ablauf aller anderen Faktoren aufgeschmissen. Bekommt beispielsweise unser Blut aufgrund geschädigter Atmungsorgane zu wenig Sauerstoff, kann es den inneren Organen nicht genügend Nährstoffe zuführen. Sind Nieren oder Leber krank, streikt unsere „Müllabfuhr“. Der Abtransport von Schadstoffen wird eingestellt und unser Körper vergiftet.

Unser Nervensystem spielt die Hauptrolle in diesem organischen Wunderwerk, das seinesgleichen sucht.

Nervenbahnen ziehen sich vom Kopf bis zu den Füßen durch unseren Körper wie das U-Bahn-Netz einer Großstadt. Es verzweigt sich permanent, um auch die kleinste Station zu erreichen und mit Informationen zu versorgen. Über 100 Billionen von Synapsen geben elektrische Impulse und Informationen weiter und erteilen Befehle. Jeder Schluckvorgang, jede Muskelbewegung und jede Schmerzempfindung wird von solchen Synapsen ausgelöst. 

Die Steuerzentrale residiert im zentralen Nervensystem (ZNS), das aus dem Gehirn und dem Rückenmark besteht. Hier landen alle Rückmeldungen über Befehlsverweigerung und -ausführung oder Störungen im Gesamtbetrieb. Das ZNS steuert auch unsere Emotionen, Gedanken und alle notwendigen Anpassungen an die Umwelt. 

Das periphere Nervensystem (PNS) umfasst die Nerven außerhalb des ZNS, so auch Hirn- und Spinalnerven. Das „somatische Nervensystem“ verarbeitet unser Bewusstsein, also Eindrücke, Wahrnehmung und Motorik, das „vegetative Nervensystem“ steuert unbewusste Vorgänge wie Verdauung, Herzschlag oder Atmung. 

Das bunte Liniennetz der Straßen- oder U-Bahn einer Großstadt ist ein schönes Beispiel für die unterschiedlichen Nervenfasern in unserem Körper oder dem eines Hundes. Jede Linie kennt ihren Verlauf genau und weiß, wo sie wann halten muss und wie sie wieder in den Betriebshof zurückkommt. So lange sie nicht streikt, ist absoluter Verlass auf sie.

– „Efferente“ Nervenfasern führen vom zentralen Nervensystem weg hin zu den Zielorganen (z. B. den Muskeln) und verteilen dort ihre Befehle.

– „Afferente“ Nervenfasern transportieren Impulse wie Gefühle oder Schmerzen zurück zum ZNS.

Manche Nerven besitzen sowohl efferente als auch afferente Nervenfasern, können also in beide Richtungen agieren. 

Hirnnerven und Spinalnerven

In unserem Gehirn entspringen 12 Hirnnerven, die im Wesentlichen die Funktionen im Kopf steuern. So hat jedes Organ im Gehirn seinen eigenen Nerv: Der Nervus oculomotorius (Oculus lateinisch = Auge, Motus lateinisch = Bewegung) beispielsweise ermöglicht die Motorik des Auges und dessen Bewegungen, der Nervus facialis (facialislateinisch = das Gesicht betreffend) lässt uns lächeln, die Stirn runzeln und unser Gesicht symmetrisch aussehen. Nur der Nervus vagus (der Vagabund) zieht hinunter in den Magen-Darm-Trakt und sorgt dort für Disziplin.

Spinalnerven haben ihren Ursprung im Rückenmark, genauer gesagt im Spinalkanal. 2 x 31 Spinalnervenwurzeln treten paarweise aus der knöchernen Wirbelsäule aus.

8 zervikale Nervenpaare (Cervix = Hals) sind zuständig für die Atmung, den Hals oder die Arme.

12 thorakale Nervenpaare (Thorax = Brust) steuern unsere Körperhaltung und einige innere Organe.

5 lumbale Nervenpaare (Nerven aus den Lendenwirbeln) versorgen Beine und Füße.

5 sakrale Nervenpaare (Os sacrum = Kreuzbein) kümmern sich um die Blase, den Darm, die Schließmuskel und Geschlechtsorgane.

1 Nervenpaar kommt aus dem Steißbein. Das Nervengeflecht des Steißbeins ist sehr schmerzempfindlich und versorgt die Rute eines Hundes.

Die Cauda equina beim Hund

Sowohl die Nervenwurzeln im Gehirn als auch im Rückenmark sind gut von Knochenkonstruktionen (Schädel und Wirbelsäule) geschützt. Am Ende der Wirbelsäule treten die Nerven zwischen dem letzten Lendenwirbel und dem Kreuzbein fächerartig heraus und bilden die Form eines Pferdeschweifs. Diesen empfindlichen Knotenpunkt nennen wir „Cauda equina“ (Cauda = Schwanz, Equus = Pferd).

Ab hier versorgen sie die Hinterläufe, die Blase und die Schließmuskel ohne jeden knöchernen Schutz. Dieses dicke Nervenbündel am Ende des Rückenmarks ist sehr anfällig gegen mechanische Einflüsse. Allzu leicht werden diese Nerven an diesem Punkt gequetscht, verursachen Schmerzen und scheitern an der Ausführung ihrer Aufgaben.

Das Cauda-equina-Kompressionssyndrom oder kurz Cauda-equina-Syndrom kann unzählige Gründe haben, die das Nervenbündel extrem quetschen und die Nervenwurzeln in der Cauda equina einengen:

Wie erkenne ich das Cauda-equina-Syndrom bei meinem Hund?

Die Symptome ähneln denen einer Arthrose oder eines Bandscheibenvorfalls. Der Hund mag nicht mehr ins Auto hüpfen, zeigt Schmerzreaktionen beim Treppensteigen oder verweigert beim Sport Befehle, die er sonst problemlos ausführt. Ein eingeklemmter Nerv verursacht starke Schmerzen, die auch einem Hund auf das Gemüt schlagen. Er will nicht mehr aufstehen, möchte im Bereich der Cauda equina nicht berührt werden und lässt die Rute hängen. Er wedelt nicht mehr mit dem Schwanz und Sie hören Schmerzlaute.

Typisch für das Cauda-equina-Syndrom beim Hund ist das sogenannte „Pfotenschleifen“. Der Hund hebt seine Füße nicht mehr und nutzt seine Krallen extrem ab. Viele Hunde werden inkontinent, weil ihnen schlicht die Blase nicht mehr gehorcht.

Welche Hunde leiden am Cauda-equina-Syndrom?

Sehr oft betrifft das Cauda-equina-Syndrom ältere Hunde, die bereits Verschleißerscheinungen zeigen. Auch Vererbung spielt eine große Rolle, hier seien der Deutsche Schäferhund und der Pudel erwähnt. 

Allerdings erwischt es auch regelmäßig große und schwere Hunde mit Übergewicht. Auf die Größe Ihres Hundes haben Sie keinen Einfluss, auf seine Ernährung schon. Achten Sie auf gesundes und ausgewogenes Futter seiner Größe und täglichen Aktivität entsprechend.

Faulpelze sind häufiger betroffen als aktive Hunde. Sorgen Sie für ausreichenden Auslauf Ihrer Fellnase und falls Sie den „Faulpelz“ in sich selbst ertappen, machen Sie sich die Notwendigkeit von Bewegung bewusst. Bewegung ist die Prophylaxe für viele Krankheiten im Bewegungsapparat, kann Ihrem Hund Leid und Schmerzen ersparen und entlastet Ihren Geldbeutel. Ist das Kind erst mal in den Brunnen gefallen, kennen Tierarztrechnungen kein Halten mehr.

Das Cauda-equina-Syndrom ist übrigens nicht nur Hunden oder Pferden vorbehalten. Reichen Sie Ihrem Hund ruhig nach jedem Ausflug die Pfote und bedanken Sie sich für die Zeit, die er sich für Ihre eigene Gesundheit genommen hat.

Aber übertreiben Sie es mit der Bewegung nicht auf eigene Faust!

Viele unserer Patienten mit dem Cauda-equina-Syndrom sind Sporthunde. Sie lieben es, Leistung zu erbringen. Sie trainieren ihr Gehirn und werden von ihrem Besitzer gelobt. Viele haben einen solchen Spaß an ihrem Sport, dass ihr Überschwang kaum zu bremsen ist. Allerdings begünstigen ungleichmäßige Belastungen wie abruptes Bremsen, Drehen und Sprinten den schnelleren Verschleiß von Wirbelsäule, Knochen und Gelenken. 

Nehmen Sie für Ihre Sportskanone einen Hundetrainer oder uns Physiotherapeuten in Anspruch. Ich bin für Sporthunde speziell geschult und korrigiere regelmäßig Ihr Training mit Ihrem Freund:

  • Stimmen die Bewegungsabläufe? Hat Ihr Hund einen entsprechenden Ausgleich?
  • Hat der Hund genügend Ruhephasen, in denen er lieber schnüffeln statt rennen möchte?
  • Kann er sein Tempo weitgehend selbst bestimmen oder muss er unerbittlich neben Ihrem Fahrrad her hecheln?

Wenn trotz aller Vorsicht und Sorgfalt der schlimmste Fall eingetreten ist:

Was tun bei einem Cauda-equina-Syndrom bei meinem Hund?

Ganz gleich, für welches Tier Sie die Verantwortung tragen:

Bei den ersten Anzeichen von Schmerzen oder seltsamen Verhaltensveränderungen:

Ab zum Tierarzt!

Dem Verdacht auf ein Cauda-equina-Syndrom gehen immer oben erwähnte Symptome voraus. Ihr Tierarzt wird dann eine gründliche Untersuchung vornehmen und ein Röntgenbild anfertigen. Er muss andere klinische Ursachen ausschließen und sich ein Bild über den Zustand der Wirbelsäule machen.

Gegebenenfalls wird er Ihren Hund an weitere Spezialisten überweisen, die mit einem CT oder MRT den Schweregrad und die Ursache eines Cauda-equina-Syndroms eingrenzen und mit Ihnen die weitere Behandlung besprechen.

Oft können wir mit Physiotherapie und Medikamenten wieder Platz für eingeklemmte Nerven schaffen und Schmerzen lindern. Auch vorgefallene Bandscheiben finden unter unseren geschulten Handgriffen der Chiropraktik oder mit Lasertherapie den Weg zurück auf ihren Platz. 

Sanftes Training auf unserem Unterwasserlaufband lindern die Schmerzen der gequälten Muskulatur und fördern die Koordination der Bewegungen Ihres Hundes.

Sind durch die neurologischen Beeinträchtigungen allerdings bereits Lahmheiten, Inkontinenz und große Schmerzen entstanden, geht an einer Operation kaum noch ein Weg vorbei. Nach der sorgfältigen Abwägung des Narkoserisikos wird ein Chirurg Knochen der knöchernen Wirbelsäule abfräsen, der auf die Nerven drückt oder eine Bandscheibe entfernen. Er wird alles unternehmen, um den Nerven wieder Platz zu schaffen.

Anschließend wird er Ihnen ein Rezept für Physiotherapie in die Hand drücken. Die umgehende sanfte Mobilisierung Ihres Hundes ist jetzt oberstes Gebot. Keinesfalls darf er jetzt in eine Schonhaltung verfallen und Folgeschäden riskieren.

Ich werde Ihrem Freund dabei helfen, versprochen.

Ihre

Bettina Knobloch.

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Physiotherapeutin Osteopathin Chiropraktikerin

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