Frakturen beim Hund

Knochen und Gebeine – Eine genauere Betrachtung

Knochen und Gebeine sind im Prinzip dasselbe. „Gebeine“ wurden die Knochen im Altdeutschen genannt. Sie wurden beerdigt oder in der Krypta einer Kirche gelagert, wenn es sich um Knochen von Heiligen handelte. Natürlich ist unser „Bein“ das bekannteste Überbleibsel aus diesem Sprachgebrauch, aber wir finden in der Anatomie auch Knochen wie das „Brustbein“ oder „Sesambeine“ wie die Kniescheibe. Selbst „Elfenbein“ ist ein Knochen des Elefanten.

„Knochentrocken“? Von wegen …

Wer von Ihnen hat noch nie einen Knochen abgenagt? Wir essen Schweinekoteletts, Hühnerbeine oder Chicken-Wings. Zwischen unseren Zähnen fühlen sich diese Knochen unangenehm hart und spröde an. In gegartem Zustand sind sie das auch tatsächlich. Daher dürfen wir unseren Hunden und Katzen keinesfalls gekochte oder gebratene Knochen verfüttern. Im Garprozess wird den Knochen auch der noch so kleinste Rest an Flüssigkeit entzogen, sie werden im wahrsten Sinne des Wortes „knochentrocken“. Sie können im Darm splittern und das Verdauungssystem unseres Vierbeiners lebensgefährlich verletzen.

Rohe Knochen hingegen sind elastisch und dürfen bedenkenlos auf dem Speiseplan unserer Fellnasen ihren Platz finden.

Unser Skelett aus Knochen hält uns (Menschen, Hunde, Katzen, Pferde etc.) aufrecht, beweglich und schützt uns. Vorausgesetzt, wir behandeln es pfleglich.

Knochen sind gut durchblutete Organe, die sich mithilfe von Blutgefäßen und verschiedenen Knochenzellen und Gewebe ständig regenerieren und gesund erhalten. Sie besitzen wie alle anderen Organe einen funktionierenden Stoffwechsel, benötigen Vitamine, Mineralstoffe und Wasser. Und Bewegung.

Der größte Teil der Blutbildung findet im Knochenmark statt.

Es gibt verschiedene Arten von Knochen, ihr Aufbau und ihre Beschaffenheit sind von ihrer jeweiligen Aufgabe abhängig. Ein paar Beispiele:

  • Tragende Knochen (Röhrenknochen) wie Arme und Beine haben eine sehr starke äußere Schicht und im inneren Hohlraum ein Geflecht aus Knochenbälkchen, das an die Struktur eines Schwammes erinnert. Es ist speziell auf Zug und Druck ausgerichtet.
  • Brustkorb oder Becken bestehen aus „platten“ Knochen mit einer geringen Dicke und kaum Hohlraum. Ihr Job ist der Schutz der inneren Organe wie Herz, Lunge oder Geschlechtsorgane. Auch die meisten Schädelknochen sind „platte“ Knochen.
  • Die oben erwähnten „Sesambeine“ sind Knochen oder Knöchelchen, die nicht durch Gelenke und Gelenkkapseln mit den benachbarten Knochen verbunden sind und so in einer Art schwimmender Bewegung bleiben. Sesambeine sind nur in Sehnen und Bänder eingebettet. Die Kniescheibe (Patella) ist die bekannteste Vertreterin dieser Knochenart. Auch das Zungenbein ist ein Sesambein. 

Aber selbst der elastischste Knochen kann brechen.

Beinbruch beim Hund
Röntgenaufnahme eines Ellenbruch beim Hund

Ein Knochenbruch ist in der Medizin eine „Fraktur“, (lateinisch Fractura = Bruch). Die Unterbrechung des „Lebens“ im Knochen, dessen Kontinuität und Regeneration beeinträchtigt seine Funktionalität extrem. Er kann uns nicht mehr tragen oder schützen und muss behandelt werden. Unbehandelte Frakturen hinterlassen in jedem Körper bleibende Schäden.

Wie bei jeder Verletzung versucht der Körper, die ausgefallene Funktion zu kompensieren und Schmerzen zu vermeiden. Bei einem Beinbruch unseres Hundes beispielsweise wird das Gesamtgewicht auf die verbliebenen drei Beine verteilt. Alle Bewegungen müssen nach dem Ausfall eines tragenden Knochens vom Rest des Körpers ersetzt werden. Der gute Kerl ist dazu allerdings kaum in der Lage, er ist diese Belastung weder gewohnt noch sind Gelenke, Wirbelsäule oder Bandscheiben dafür gemacht. Zwangsläufig wird der gesamte Bewegungsapparat über Gebühr beansprucht und geschädigt.

Mensch und Tier – Der Umgang mit Verletzungen oder Krankheiten

Der Unterschied zwischen uns Menschen und unseren Tieren besteht in der Sozialisation. Wenn wir uns als Kind ein Bein brechen, das Handgelenk verstauchen oder uns den Magen verderben, kommt Mama, bringt uns einen Tee und sagt uns, dass alles wieder gut wird. Unser Körper darf sich ganz beruhigt erholen. Mama schreibt uns eine Entschuldigung für die Schule und im besten Fall dürfen wir unsere Lieblingssendungen anschauen oder Bücher lesen.

Kein Tier der Welt kann sich diesen Luxus leisten, sein Instinkt ist stärker. Ein Pferd muss fliehen können, ein Hund muss sein Rudel beschützen und eine Katze muss jagen. Koste es, was es wolle. Eine Antilope käme nie auf die Idee, sich zu schonen, es könnte sie ihr Leben kosten.

Der Körper des Hundes mit dem gebrochenen Bein wird also alles tun, um sein Leben zu erhalten. Zur Not mit einem Bandscheibenvorfall oder auf drei Beinen. Das ist der Grund, warum es oft so furchtbar schwer ist, Tiere zu behandeln und gegebenenfalls ruhig zu stellen. Gerade Katzen sind aus menschlicher Sicht „uneinsichtig“.

Und hier kommen wir Tierphysiotherapeuten ins Spiel.

Zurück zur Fraktur – Warum bricht ein Knochen?

Wie bei uns Menschen gibt es auch bei Tieren diverse Ursachen für Knochenbrüche. Da ist in erster Linie der Ermüdungsbruch. Er ist auf eine überproportionale Beanspruchung einzelner Knochen zurückzuführen. Nicht ohne Grund bieten Skiclubs „Skigymnastik“ an, die den Bewegungsapparat samt Muskeln, Bändern und Faszien trainiert und geschmeidig und stark hält. Wann hat die Natur den Menschen erzählt, dass sie im Eiltempo eine Slalompiste hinunter rasen sollen? 

Pferde sind Fluchttiere, die ein Hindernis eher umgehen, als es zu überspringen. Erst in der neuen Zeit werden Springsportturniere ausgerichtet. Die Meinungen darüber gehen auseinander. Ein Ermüdungsbruch eines Pferdebeines liegt hier also genauso nahe wie im Hochleistungssport von Menschen und anderen Tieren.

Ein weiterer häufiger Grund für Frakturen sind Fehlentwicklungen oder Krankheiten, die einen Knochen degenerieren. Nehmen Umfang oder Qualität eines Knochens ab, ist ein pathologischer Bruch oft die Folge.

Zu guter Letzt seien natürlich auch Unfälle, Stürze oder Gewalt erwähnt. Mit Gewalt bekommt man alles kaputt. Auch Knochen.

Wie geht es nach einer Fraktur weiter?

Ihr Tierarzt wird nach der Diagnose mit Ihnen über die Art der Fraktur und das weitere Vorgehen sprechen. Sowohl in der Human- als auch in der Veterinärmedizin gibt es sogenannte „Klassifikationen“ von Knochenbrüchen. Das ist sinnvoll, weil selbst nach einem Wechsel des behandelnden Arztes jeder genau weiß, wovon die Rede ist.

Ein paar Beispiele:

  • Bei einer einfachen Fraktur ist ein Knochen einmal durchgebrochen.
  • Von einer Trümmerfraktur spricht man, wenn durch den Knochenbruch mehrere Fragmente entstanden sind.
  • Eine geschlossene Fraktur hat das äußere Gewebe und die Haut nicht verletzt.
  • Die offene Fraktur hat das Bindegewebe verletzt und ein oder mehrere Knochenteile ragen aus dem Körper heraus. Das erhöht die Gefahr einer Infektion, das Knochenmark liegt außerhalb des schützenden Gewebes und kann sich rasch entzünden.
  • Eine komplizierte Fraktur betrifft zudem ebenfalls verletzte Nerven und Gefäße.

Jede Fraktur macht eine Operation notwendig.

Knochensplitter müssen entfernt und gegebenenfalls verletztes Gewebe, Blutgefäße oder Nerven versorgt werden. Je nach Art der Fraktur wird der Chirurg anschließend die sogenannte „Osteosynthese“ vorbereiten. Die Osteosynthese (Osteon griechisch = Knochen, Synthesis griechisch = Zusammensetzung) ist die chirurgische Verbindung von Knochenfragmenten nach einer Fraktur, die Voraussetzung für die Knochenheilung.

Der Operateur bringt alle verbliebenen Knochenteile wieder an die richtige Stelle und in die jeweils korrekte Position. Damit das alles nicht mehr verrutscht, wird geschraubt, genagelt oder gegipst. Mittlerweile können Medizintechniker vom Fixateur über die Knochenplatte bis hin zum kleinsten Plättchen und winzigsten Schräubchen alles für eine erfolgreiche Osteosynthese herstellen.

Die Knochenheilung – Ein faszinierendes Kapitel

Haben wir uns einmal von der Vorstellung eines trockenen und spröden Knochens verabschiedet, verstehen wir die Knochenheilung. Wie jeder Vorgang der Wundheilung nach Schnittverletzungen, Operationen oder Folgen einer Infektion wie beispielsweise Abszessen ist die Knochenheilung das Bestreben des Körpers zur Selbstheilung. In der Evolution sind Tiere, die dazu nicht in der Lage waren, ausgestorben.

Jeder Teil unseres Körpers ist durchzogen von Blutgefäßen, Nervenbahnen und vor allem von spezifischen Zellen. Alle kommunizieren miteinander und verlassen sich aufeinander. Im „Schadensfall“ entsteht ein Alarmsystem und alle geben ihr bestes, um „ihren“ Körper zu reparieren.

So auch bei der Knochenheilung. Wir unterscheiden zwischen der primären und der sekundären Knochenheilung.

Die primäre (direkte) Knochenheilung

Gelingt es dem Operateur, zwei Knochenfragmente wieder ohne Abstand zusammen zu fügen, beginnt der direkte Heilungsprozess sofort. Knochenzellen docken von beiden Teilen aneinander an, bilden neue Zellen und ein neues Knochengerüst. Nervenzellen und die Zellen der Blutgefäße verbinden sich ebenfalls und nach wenigen Wochen ist der Knochen wieder heil und belastbar.

Die sekundäre (indirekte) Knochenheilung

Muss der Chirurg mehr Knochenmaterial entfernen, bringt er die Knochenfragmente dennoch in die anatomisch korrekte Position, obwohl ein Spalt entsteht (Spaltheilung). Von beiden Seiten der offenen Knochenstücke schießen nun Blutgefäße in den Spalt ein. Die Knochen bluten wie eine Wunde. Mit diesem Blut wandern Knochenzellen in den Zwischenraum ein und bilden zunächst ein Knochengeflecht. 

Um die Frakturstelle herum entsteht Bindegewebe (Kallus = dicke Haut), das sich zu Knorpel und später zu Knochen umbildet.

Das Remodeling

Im Laufe der nächsten Monate entsteht aus dem Knochengeflecht zuerst Lamellenknochen und später die ursprüngliche Knochenstruktur. Selbst die Knochenform wird wieder hergestellt. Ohne Hammer und Meißel bildet unser Körper selbst die plastische Form wieder exakt nach. Nach etwa 6 Monaten ist der Knochen bereits wieder belastbar. Der gesamte Umbauprozess (Remodeling oder Remodellierung) dauert allerdings ein paar Jahre.

Natürlich können wir unser Tier in dieser Zeit weder auf der Couch parken noch Hochleistungssport mit ihm betreiben. Unser Vierbeiner wird uns weder das eine noch das andere verzeihen.

Aber wir können es in Bewegung halten und dadurch den Heilungsprozess unterstützen. Wir können die Durchblutung steigern, die Muskeln stärken und die Faszien feucht und gleitfähig halten. Und wir können ihm Lebensqualität geben und es zum Lachen bringen.

Wir Tierphysiotherapeuten haben das gelernt, bei uns sitzt jeder Handgriff.

Nehmen Sie Kontakt mit mir auf, ich bringe Ihr Tier wieder in Bewegung. Alles wird gut.

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Physiotherapeutin Osteopathin Chiropraktikerin

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